<150>glücksfälle, die er erlitten hatte, so kleinmütig geworden, daß sie mit dem Moment, wo sie sich zu seiner Unterstützung entschlossen, ihre eignen Staaten verloren glaubten.

Die verwitwete Herzogin von Württemberg weilte damals in Bayreuth. Sie wünschte, daß ihr der König ihre Söhne, die sie seiner Erziehung anvertraut hatte, zurückgäbe. Der König hielt es für richtiger, daß die Prinzen ihre Reise unter glücklicheren Aussichten anträten. Deshalb bewirkte er beim Kaiser, daß der Herzog vor der gesetzlichen Frist für volljährig erklärt wurde, um ihn an die Interessen Frankreichs und Bayerns zu ketten1.

Trotz seiner Beschäftigung mit der Politik vernachlässigte der König die innere Regierung seines Landes keineswegs. Die Festungsbauten in Schlesien machten sichtliche Fortschritte. Der große Plauensche Kanal ward gegraben, um eine kürzere Verbindung zwischen Elbe und Oder zu schaffen. Der Hafen von Stettin wurde vertieft und der Swinekanal schiffbar gemacht. Seidenmanufakturen entstanden, und das Insekt, das diesen kostbaren Stoff erzeugt, ward ein neuer Quell des Reichtums für die Landbewohner. Dem Gewerbfleiß wurden alle Tore geöffnet. Die Akademie der Wissenschaften wurde erneuert2. Euler, Lieberkühn, Pott und Marggraf wurden ihre Zierden. Maupertuis, so berühmt durch seine Kenntnisse wie durch seine Reise nach Lappland, wurde Präsident der Gesellschaft. Darüber ging das Jahr 1743 zu Ende.

Ganz Europa stand im Kriege, alle Welt intrigierte; in den Kabinetten der Fürsten herrschte mehr Tätigkeit als bei den Heeren. Die Kriegsursache hatte sich geändert: anfangs ging es nur um die Erhaltung des Hauses Österreich, dann um seine Eroberungspläne. England begann in der Wagschale der Mächte ein Übergewicht zu erlangen, das Frankreich lauter Unglück verhieß. Die Festigkeit der Kaiserin-Königin artete in Starrsinn aus, die scheinbare Großmut des Königs von England in schnöden Eigennutz für sein Kurfürstentum. Rußland blieb noch friedlich.

Der König von Preußen war stets darauf bedacht, das Gleichgewicht unter den kriegführenden Mächten zu erhalten, und hoffte sehr, es zu erreichen, sei es durch freundschaftliche Vorstellungen oder durch nachdrücklichere Erklärungen, ja selbst durch kleine Demonstrationen. Doch was sind die Pläne der Menschen! Die Zukunft ist ihnen verborgen. Sie wissen nicht, was morgen geschehen wird. Wie könnten sie da Ereignisse vorhersehen, die die Verkettung unberechenbarer Ursachen in einem halben Jahre herbeiführen kann? Die Zeitumstände reißen sie mit sich fort und zwin-


1 Seit dem 16. Dezember 1741 hatten die Söhne des 1737 gestorbenen Herzogs Karl Alexander und der Herzogin-Regentin Maria Auguste zur Vollendung ihrer Erziehung in Berlin geweilt; sie kehrten Anfang Februar 1744 nach Stuttgart zurück. Die Volljährigkeitserklärung für Herzog Karl Eugen (geboren am 11. Februar 1728) erfolgte durch kaiserliches Dekret vom 7. Januar 1744.

2 24. Januar 1744. Die Ernennung Maupertuis' zum Präsidenten der Akademie erfolgte am 1. Februar 1746.